Digital überbewertet, regionale Tageszeitungen unterschätzt

Foto: Medientage 2017, newsroom@medientage.de

Online oder klassisch, digital oder analog – auf den Medientagen in München standen die Werbeleistungen der einzelnen Medien im Wettbewerb miteinander.

Christof Baron, Global Head of Media Sanofi, hat das Wort von der „digitalen Besoffenheit“ der Werbewirtschaft geprägt. Ein solcher Ausspruch aus dem Munde eines anerkannten Experten in Sachen digitale Werbung lässt aufhorchen. Nachdem nun namhafte Werbungtreibende wie Procter & Gamble ihre digitalen Werbebudgets deutlich reduziert haben, stellen viele Unternehmen ihre Onlinestrategie auf den Prüfstand.

Von digital first zu digital second?

Welche Effekte lassen sich mit digitaler Werbung erzielen, welche mit klassischer Printwerbung – diese Frage bewegte auf den Münchner Medientagen im Panel „Das Ende eines großen Hypes: Digital second?“ u.a. Petri Kokko (Google), Guido Modenbach (Seven One Media) und Heiko Genzlinger (Score Media Group).

Mit sechs "nüchternen Thesen zur digitalen Besoffenheit" begründete Baron, warum er digitale Werbung für überbewertet hält. So funktionierten zwar gut erzählte (Werbe-)Geschichten digital und analog. Aber das Consumer Engagement im Netz werde maßlos überschätzt, so Baron. Die Bereitschaft von Online-Usern, sich aktiv mit Marken auseinanderzusetzen, sei nur äußerst gering.

Keine Wirkung ohne gute Kreation

Dass eine gute Kreation grundlegend für eine gute Werbewirkung ist, unterstrich auch Google-Manager Kokko: „Eine starke Kreation kann unheimlich viel bewegen, schlecht gemachte Werbung dagegen funktioniert weder in TV, Print noch Online.“

Es ist aber nicht nur eine Frage der Kreation, wie gut Werbung wirkt. Die Kanäle haben grundlegend unterschiedliche Wirkungsweisen. So ist nach Wahrnehmung von Baron Online in erster Linie ein Performance-Kanal und kein Medium, um die Top-of-Mind-Awareness, d.h. die Verankerung einer Marke im Bewusstsein des Konsumenten, nachhaltig zu stärken. Das gelinge vielmehr mit klassischen Medien: Zeitungs- oder TV-Werbung sei viel besser geeignet, die Reichweite einer Marke auszubauen und so neue Käufer zu gewinnen. Nachhaltiges Wachstum für eine Marke lasse sich mit Online-Werbung kaum generieren.

Mangelnde Transparenz, Kontrollverlust und massiv steigende Kosten durch technologische Komplexität führte Baron als weitere kritische Punkte seiner „nüchternen“ Betrachtung der digitalen Werbewelt an.

Regionale Tageszeitung mit bester Kontaktqualität

Während digital als überbewertet gilt, argumentierte Heiko Genzlinger für die regionalen Tageszeitungen als „dem am meisten unterschätzten Werbeträger unserer Zeit“. Mit fünf Fakten aus Sicht der „Methusalembranche“ unterstrich der Score-Media-Chef die herausragenden Kontaktqualitäten der Zeitung.

Während im Digitalen darum gerungen werden, wie viele User überhaupt einen Teil der Werbung zu sehen bekommen und das Problem der Viewability die Werbekunden umtreibe, garantieren Zeitungsanzeigen 100 Prozent Sichtbarkeit. Außerdem böten die Tageszeitungen als das „Content-Medium N°1“  eine intensive und aufmerksame Mediennutzung, enge Leser-Blatt-Bindung, signifikante Reichweiten und Brand Safety durch die Glaubwürdigkeit gut recherchierter redaktioneller Umfelder, so Genzlinger.