Konsummotive bestimmen den Lebensmittelkauf

Was jemand kauft und wo er das tut, hängt wesentlich von seinen Komsummotiven ab. Und davon, Verbraucher zur richtigen Zeit mit dem passenden Medium zu erreichen. Dietmar Rehker und Rüdiger Grannemann vom Konsumentenbüro Düsseldorf erläutern im Interview, was das für die Mediaplanung der Einzelhändler bedeutet.

Herr Grannemann, Herr Rehker, vor drei Jahren hat das Konsumentenbüro gemeinsam mit der ZMG ein vielbeachtetes psychologisches Wirkungsmodell vorgestellt. Es beschreibt die Faktoren, die für die Wahl einer bestimmten Einkaufsstätte bzw. eines Einzelhändlers ausschlaggebend sind. Nun haben Sie eine Nachfolgestudie vorgelegt. Welche grundlegenden Erkenntnisse lassen sich aus der erneuten Untersuchung ableiten?

Grannemann: Die wichtigste Erkenntnis ist die, dass sich unser Wirkungsmodell bestätigt hat. Es arbeitet nicht nur zuverlässig, es liefert auch valide Ergebnisse. Für das operative Geschäft, das Marketing der Händler, lässt sich festhalten: Die auf Basis des Modells getroffenen Prognosen haben sich weitgehend bestätigt.

In der Vorgängerstudie haben Sie konkret benannt, welche Motive den Lebensmitteleinkauf der Verbraucher treiben und welcher Einzelhändler welche Konsummotive bedient. Diese Kaufmotive und die Positionierung der einzelnen Händler sind also stabil geblieben?

Grannemann: Die Botschaft hier lautet: Werbung wirkt. Während die grundlegenden Konsummotive für den täglichen Einkauf stabil geblieben sind, zeigen sich in der Positionierung der Händler durchaus Verschiebungen – und zwar angestoßen durch entsprechende Händlerwerbung. Sprich: Es zeigt sich, dass die Kampagnen von Händlern eine Rückwirkung auf ihr Image haben. So kann z.B. ein Discounter, der bislang aus Kundensicht primär das Motiv „Sparen“ bediente, durch entsprechende Werbung stärker als anspruchsorientiert wahrgenommen werden. Wer als Händler seine Kommunikation an den Motiven der Kunden ausrichtet, hat alle Chancen, seinen Kundenstamm zu erhöhen. Über die Kommunikation hinaus gibt das Modell konkrete Hinweise, an welchen Rädchen der Händler drehen muss, um insgesamt für den Kunden attraktiver zu werden.

Welche Rolle spielen neben den übergeordneten Kaufmotiven die konkreten Angebote und die Angebotskommunikation von Einzelhändlern? Wo informieren sich Konsumenten über aktuelle Handelsangebote?

Grannemann: Auch wenn es der Einzelhandel nicht gerne hört - die Industrie wird es freuen: denn der Preis ist nicht alles. Es gibt nur einen relativ geringen Teil von Hardcore-Preiskäufern. Wir hatten mit Grey bereits in den neunziger Jahren unter dem Thema „Wer zu früh kommt, den bestraft das Sonderangebot“ aufgezeigt, dass Wertschöpfung nicht unbedingt die Stärken des deutschen Händlers sind.

Rehker: Die Untersuchung gibt konkrete Hinweise, wie und wo der Kunde abgeholt werden kann und welche Medien für welche Art von Angeboten geeignet sind. Hier halten die Ergebnisse die eine oder andere Überraschung für die Vermarktungsplaner bereit.

Zentrale Aussage Ihrer Studie ist, dass Werbung nur dann relevant für einen Kunden ist, wenn sie ihn zum richtigen Zeitpunkt erreicht. Welche Rolle spielen die Medien in diesem Prozess?

Rehker: Zentral für jegliche Art von Vermarktungsplanung und eine optimale Budgetaufteilung ist das Wissen um den Ansprache-Zeitpunkt meiner Kunden. Wurde dieser bisher - wenn überhaupt – nur auf der Aktivitäten-Ebene beschrieben, so berücksichtigt unser Wirkungsmodell auch die motivationale Verfassung in den jeweiligen Situationen. Wir beziehen also die Stimmung und die situative Verfassung bei der Mediennutzung ein. So entwickelt beispielsweise die Tageszeitung ganz andere Qualitäten als das Fernsehen, weil die Menschen beim Zeitunglesen besonders aufmerksam sind. Erst die Verknüpfung von Situation und der spezifischen Medienrelevanz eines Kommunikationskanals führt zu optimalen Vermarktungsergebnissen.

Grannemann: Ein weiteres Ergebnis ist, dass das Internet in seiner Wirkung und Bedeutung für den Lebensmittel- und Drogeriehandel deutlich überschätzt wird. Es gibt keine generelle Qualität von online. Gerade online erfordert eine sehr differenzierte Aussteuerung der Maßnahmen in Bezug auf ihre Relevanz für den Kunden.

Wann ist ein Verbraucher denn besonders aufnahmebereit für das Thema Lebensmittel und offen für entsprechende Angebote – und wie können Einzelhändler das konkret bei der Mediaplanung nutzen?

Rehker: Wie gesagt, das Wissen um die situative Relevanz ist wichtig. Wann und wie plant der Kunde seine täglichen Einkäufe? Überwiegend während des Vormittags. Für diese Erkenntnis bedarf es keiner Studie. Und die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde am Vormittag eine Tageszeitung liest, so er denn eine gekauft oder abonniert hat, ist auch keine grundlegend neue Erkenntnis. Der Handel nutzt diese Tatsache bereits, um Angebote und Aktionen zu kommunizieren.

Dass die Tageszeitung bei der Einkaufsplanung der Kunden aber auch unter motivationalen Gesichtspunkten für die Händler eine wichtige Rolle spielt, ist weitgehend unbekannt und wird nicht genutzt. Hier sollten die Händler über ihren bisherigen Tellerrand hinausblicken. Die Rolle der anderen Medien muss unter motivationalen und situativen Aspekten justiert werden. Ziel ist es, eine individuelle Wirkungskette aufzubauen, in der jedes Medium unter Relevanz-Gesichtspunkten seine optimale Wirkung erzielt.

Mehr zur LEH-Studie und den Konsummotiven finden Sie hier.