„Zeitungen gewinnen durch Transformation“

Die digitale Disruption stellt auch die Zeitungen vor neue Herausforderungen. Aber sie sind dafür gut gewappnet und gewinnen sogar im Transformationsprozess, meint ZMG-Geschäftsführer Markus Ruppe.

 „Medien sind die Kanarienvögel der Digitalisierung“ stellte Christoph Keese, Executive Vice President Axel Springer SE beim diesjährigen Zeitungskongress in Regensburg fest. Ein treffendes Bild! So wie im Bergbau die Kanarienvögel vorangetragen wurden, damit an ihrem Zustand die Luftqualität im Stollen beurteilt werden konnte, so gehen die Medien in der Digitalisierung voran.

Sie waren die ersten, die mit den Veränderungen umgehen mussten – und sie passen sich den veränderten Gegebenheiten erfolgreich an. Digitalisierung bedeutet Disruption. Change-Prozesse in der Unternehmenskultur sind längst auch in anderen Branchen wie der Automobilindustrie oder im Handel Realität.

Zeitungen verlängern Kompetenzen ins Internet

Die digitale Grundlagenstudie von Rheingold Salon und ZMG hat die Nachrichtennutzung im Internet untersucht. Klares Ergebnis: Den Zeitungen ist es gelungen, ihre klassischen Kompetenzen erfolgreich ins Netz zu übertragen. Sie haben sogar von der „Luftveränderung“ profitiert und ihre Kompetenzen weiterentwickelt.

Zeitunglesen bedeutet glaubwürdige Informationen intensiv aufzunehmen, digital ist das jetzt auch „on the go“ möglich. Die aktuelle Nachricht ist über die digitalen Zeitungsseiten jederzeit verfügbar. Via Internet binden die Zeitungen auch Bewegtbild ein und sprechen damit die Leser emotional an. Zeitungen sind heute Breitbandmedien. Die Stimme des Kanarienvogels ist  besser zu hören denn je.

Doch was bedeutet die Digitalisierung für die Werbung? Auch hier bietet die Rheingold Salon-Studie erste Learnings: Sie empfiehlt unter anderem eine einladende, dialogische Gestaltung, die regionalisierte Aufbereitung der Online-Werbung und regionale, crossmediale Ansätze. Bild-Sprache gewinnt weiter an Bedeutung, skurril soll sie sein, raffiniert, doppeldeutig und humorvoll, so Rheingold Salon weiter.

Dass die Leser das aktuelle Zeitungsangebot schätzen, zeigen die Reichweiten der Zeitung: 59,2 Millionen Zeitungsleser dokumentiert die aktuelle b4p. Das heißt, via Zeitung erreichen Werbekunden 85,5 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung – und das in einer Nutzungssituation, die auf „sich informieren“ ausgerichtet ist.

Qualität und Wirkung zählen

Derzeit dominieren GRP (Gross Rating Points) und die reine Zahl der Kontakte den Werbemarkt. Das führt zu Zusammenschlüssen im Digitalen und teilweise zu Dumping-Preisen für Werbeplätze. Schiere Größe zählt. Trotzdem bin ich für die Zukunft optimistisch, dass sich die nächste disruptive Herausforderung bereits anbahnt. Größe ist nicht Qualität und schon gar nicht Wirkung.

Wenn für die Marketers die Qualität wieder in den Vordergrund rückt, entstehen neue Chancen. Wenn Werbung nicht mehr aus der Buchhaltung der Mediaeinkaufsagenturen, sondern aus den Kreativschmieden der Republik gedacht wird, gewinnen Umfelder an Bedeutung. Dann geht es darum, geeignete Umfelder zu suchen, in denen Werbung auch wirkt. Und zwar auch dann, wenn man eine Zielgruppe ansprechen will, die ein bestimmtes Produkt noch gar nicht sucht. Zukunftsmusik für den Kanarienvogel – und Aspekte, bei denen die crossmediale Zeitung punktet.

Dieser Standpunkt von Markus Ruppe, Geschäftsführer der ZMG Zeitungs Marketing Gesellschaft, erschien am 16. Oktober 2015 in der Reihe „Standpunkte“ des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V. zum Thema „Digitale Disruption! Was tun?“.

http://www.zaw.de/zaw/standpunkte/

Foto: Fotograf Jochen Klähn, Bergwerksmuseum Grube Samson