Studie Preiswahrnehmung im LEH

(Preis-)Werbung wird wichtiger

Die Preise für Lebensmittel steigen. Aber Konsumenten überschätzen oft, wie sehr sich Waren verteuern. Das hat Auswirkungen auf ihr Einkaufsverhalten. Dabei gewinnt Werbung an Relevanz, die hilft, die besten Angebote zu finden

Alles wird teurer! Diesen Eindruck haben viele Konsumierende zurzeit. Tatsächlich steigt die Inflation und die angespannte Weltlage hat einen vielfältigen Einfluss auf unseren Alltag. Die Kosten für Energie, Rohstoffe und landwirtschaftliche Produkte klettern in die Höhe, Lieferketten sind unterbrochen, Personal fehlt in vielen Wirtschaftsbereichen. Wie nehmen die Verbraucherinnen und Verbraucher diese Situation wahr? Die ZMG Zeitungsmarktforschung Gesellschaft hat im Auftrag des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) Stimmungslage und Kaufverhalten der Bundesbürger erforscht. In einer Sonderanalyse zum Thema Preissteigerung wurden in den Monaten April und Mai die Antworten von 2.763 Interviews ausgewertet. Basis ist der Media Monitor Handel, für den jede Woche 750 Online-Interviews geführt werden, repräsentativ für die deutschsprachige Bevölkerung ab 16 Jahren. Der Media Monitor Handel ist ein langlaufendes Trackinginstrument, das den Fokus insbesondere auf den stationären Handel und dessen Online-Verlängerungen richtet.

„Gefühlte“ Preissteigerungen über Inflationsrate

Den Befragten wurden einige Produkte mit aktuellen Durchschnittspreisen genannt. Dann wurden sie zu einer Schätzung aufgefordert, wie sehr sich diese Preise seit dem letzten Jahr verändert haben. Die meisten gaben eine deutliche Preiserhöhung an, bei einigen Produkten um mehr als ein Fünftel. Wenn man alle abgefragten Produkte in einem Warenkorb zusammenfasst, so lag die von den Befragten angegebene Preiserhöhung im Durchschnitt bei 19,1 Prozent. Dem steht eine reale Inflation von „nur“ 11,1 Prozent für Lebensmittel gegenüber. Die Verbraucherinnen und Verbraucher überschätzen also den Preisanstieg, und zwar recht deutlich. Das gilt besonders für jene Produkte, über deren Knappheit immer wieder in den Medien berichtet wurde: Bei Mehl vermutete man einen Preisanstieg um fast 22 Prozent, bei Sonnenblumenöl sogar um fast 29 Prozent. Die „gefühlte“ Preissteigerung ist also um einiges höher als die tatsächliche. Das hat Auswirkungen auf das persönliche Konsumverhalten. Viele Menschen sehen eine Notwendigkeit zum Sparen.

Optimisten versus Pessimisten

Wirft man einen genaueren Blick auf die Daten, so zeigt sich, dass nicht alle Verbraucherinnen und Verbraucher im gleichen Maße die Teuerungsrate überschätzen. Einige nehmen die vermeintliche Preiserhöhung deutlich stärker wahr als andere. Um mehr über die Psychologie dieser Verbrauchergruppen herauszufinden, wurden die Befragten anhand der Preisüberschätzungen in drei gleichgroße Gruppen eingeteilt: Die „Pessimisten“ bilden das Drittel, das zu der höchsten Überschätzung neigt. Dem gegenüber stehen die „Optimisten“, bei denen die geringste Überschätzung zu beobachten ist. Dazwischen liegt das mittlere Drittel. Bei diesen Personen beträgt die durchschnittliche „gefühlte“ Preissteigerung im Vergleich zum Vorjahr 22,1 Prozent. Selbst diese mittlere Gruppe neigt also dazu, den realen Anstieg der Lebensmittelpreise deutlich zu hoch einzuschätzen.

Mehr noch die Pessimisten: Sie zeigen eine Überschätzung von 33 Prozent, bei den Optimisten liegt sie bei unter zwei Prozent. Ein klarer Zusammenhang mit demografischen Merkmalen – also Alter, Geschlecht, Einkommen – findet sich kaum. Pessimisten gibt es in allen Bevölkerungsgruppen. Neudeutsch gesagt, entscheidet also das innere „Mindset“. Was die Untersuchung auch zeigt: Das Thema Preissteigerung ist für alle Teile der Gesellschaft relevant.

Häufiger zum Discounter

Wie unterscheiden sich diese drei Gruppen nun in ihren Einstellungen und ihrem Einkaufsverhalten? Grundsätzlich sind Optimisten und Pessimisten beim Einkaufen gar nicht so verschieden: Sie alle vergleichen Preise und kaufen bevorzugt dort ein, wo es am günstigsten ist. Die Pessimisten sind dabei die größten Sparfüchse. Für sie ist der Preis am wichtigsten, die Vorliebe für regionale und fair gehandelte Produkte ist dagegen weniger ausgeprägt. Optimisten neigen eher dazu, auf die Qualität zu achten als auf den Preis. Sie kaufen qualitätsorientierter und nachhaltiger ein.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher wurden danach gefragt, ob sich ihr Einkaufsverhalten verändert hat, seit das Thema Preissteigerung in den Medien zunehmend thematisiert wurde. Die Pessimisten berichten überdurchschnittlich von verändertem Verhalten: Sie nutzen vermehrt Rabattaktionen, kaufen häufiger beim Discounter ein und greifen eher zu Handelsmarken und No-Name-Produkten. 54 Prozent der Preis-Pessimisten geben an, dass sie jetzt mehr auf Werbung achten, um gute Angebote und Schnäppchen zu finden - das tun ebenso 46 Prozent der Optimisten. Handelswerbung bekommt also in Zeiten einer steigenden Inflation eine größere Relevanz, ihr wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Handelswerbung wird wichtiger

Fassen wir zusammen: In Zeiten einer realen Inflation nehmen viele Verbraucherinnen und Verbraucher Preissteigerungen besonders stark wahr und neigen dazu, diese als noch schlimmer zu vermuten, als sie häufig sind. Besonders bei Produkten, über die im Zusammenhang mit Hamsterkäufen oder Lieferschwierigkeiten berichtet wird, werden überhöhte Preissteigerungen vermutet. Das Problem steigender Lebenshaltungskosten betrifft alle Gesellschaftsschichten, einige Konsumenden neigen aber zu einem stärkeren Pessimismus. Diese Gruppe der Pessimisten kauft derzeit häufiger bei Discountern ein, nutzt verstärkt Rabatte und die günstigeren Eigenmarken der Handelsketten. Handelswerbung gewinnt gleichzeitig an Bedeutung, da immer mehr Menschen nach den besten Angeboten suchen und Preise vergleichen. Hier zeigt es sich, wie wichtig Werbung derzeit ist: Sie liefert die Informationen, die den Menschen helfen, bei knapper werdenden Budgets ihre Einkäufe besser zu planen.