Instagram-Studie

Zeitungen auf Instagram: Mehr als nur schöne Bilder

Social-Media-Plattformen: Mehr als die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung nutzt sie. Auch klassische Medien erreichen dort ihre Zielgruppen. Wie Zeitungen mit dem aufstrebenden Kanal Instagram umgehen, zeigt eine BDZV/ ZMG-Analyse.

4,2 Milliarden Menschen vernetzen, informieren, unterhalten sich auf den diversen sozialen Medien. In Deutschland sind WhatsApp (79,6%), YouTube (74,8%), Facebook (60%) und Instagram (49,6%) die meistgenutzten Kanäle. Auch Unternehmen können es sich kaum mehr leisten, dort nicht sichtbar zu sein. Aber wo und wie, für welche Zielgruppe und mit welchem Ziel sich ein Engagement lohnt, will gut überlegt sein.

Für Instagram hat sich eine BDZV/ZMG-Studie nun die Aktivitäten von Zeitungen auf der Plattform näher angesehen. Über den im Gegensatz zum (noch) größeren Bruder Facebook deutlich jüngeren Kanal erreichen die Unternehmen vor allem die 14- bis 29-Jährigen. Bei ihnen führt Instagram die Beliebtheitsskala an. Im Instagram-Feed konkurrieren redaktionelle Inhalte mit Lifestyle-Influencern, Landschaftsbildern und 360-Grad-Selfies. Wie Verlage auf die Besonderheiten von „Insta“ und seiner Zielgruppe sowie den Schwenk vom Text- zum Bildmedium eingehen, steht im Fokus der quantitativen und qualitativen Analyse von zehn Accounts regionaler und sechs überregionaler Zeitungen.

Instagram langsamer als Twitter

Bei den Followern hängen die überregionalen Titel die regionalen naturgemäß ab. Erstere haben – bis auf Bild – deutlich mehr Follower auf Instagram als Printauflage. Spitzenreiter ist die Zeit mit knapp 890.000 Followern, gefolgt von Bild (724.000) und Süddeutscher Zeitung (653.000). Im Vergleich zu Twitter ist Instagram ein deutlich langsameres Medium: Hier setzen die Überregionalen im Schnitt drei bis vier Posts pro Tag ab, auf Twitter ist es dieselbe Anzahl pro Stunde.

Aber viel hilft nicht immer viel, meint dazu Peter Klimczak, Forscher auf dem Gebiet der analytischen Medienwissenschaft und Projektleiter der Instagram-Studie. Denn die thematische und ästhetische Qualität der Beiträge sei weit entscheidender für den Erfolg eines Kanals und die User-Aktivierung als die Quantität. „Essenz von Instagram sind schließlich die Bilder. Sie entscheiden darüber, ob ein Beitrag geklickt wird. Was für Zeitungen eine doppelte Herausforderung bedeutet: Dem Plattformanspruch nach ‚schönen‘ Bildern gerecht zu werden und dem Selbstanspruch nach ‚inhaltlichen‘ Bildern.“

Von Text zu Bild

Laut Studie verfolgen die Zeitungen unterschiedlich erfolgreiche Strategien. Viele Titel verzichten inzwischen darauf, auf einen Artikel der eigenen Website zu verweisen. Sie versuchen vielmehr, ihr Publikum – ganz im Sinne der Plattformlogik – mit einer ansprechenden Bildästhetik, kombiniert mit längeren Begleittexten (Captions) und passenden Themen (vor allem Lokales, Leserfotos, Gesellschaft) zu erreichen. Die Königsdisziplin sei es, narrative und aussagekräftige Bilder auszusuchen bzw. zu produzieren, rät Klimczak. Seine Wahrnehmung: „Zumeist gelingt dies den Tageszeitungen.“

Von umfangreichen Bildinschriften oder gar Text-Bildern, also Bildern, die mehr Text als Bild enthalten, raten die Forscher ab. Dies entspreche zwar dem journalistischen Arbeiten und findet sich auch zahlreich auf den Zeitungsprofilen. Es widerspricht aber der Instagram-Logik. Und populär sind Beiträge mit solchen Text-Bildern auch nicht besonders: Sie erreichen eine weit unterdurchschnittliche Anzahl an Likes. „Wir raten Verlagen eher, auf Infografiken zu setzen“, ergänzt Thomas Halamuda, stellvertretender Forschungsleiter der ZMG. „Sie entsprechen der Plattformlogik und sind eine Kernkompetenz der Zeitungen.“

Von Bild zu Bewegtbild

Spätestens seit dem Erfolg des Wettbewerbers TikTok bemüht sich Instagram verstärkt, auch als Bewegtbild-Kanal verstanden zu werden. Vier der untersuchten Zeitungs-Accounts weisen bereits heute einen Video-Anteil von mehr als 20 Prozent auf: Bild, Berliner Morgenpost, Westdeutsche Allgemeine Zeitung und Stuttgarter Zeitung. Bemisst man den Videoerfolg allerdings an der Zahl der Likes, die sie generieren, enttäuscht das Bewegtbild: Videos erreichen nicht annährend die Likes Werte von „normalen“ Bildern. Eine sinnvolle Ergänzung zu den regulären Beiträgen können sie trotzdem sein. Thematisch gilt Instagram – im Gegensatz zur Diskursplattform Twitter – als eher unpolitisch.

Likes für Politisches

Tatsächlich spielen sowohl die überregionalen als auch die regionalen Verlage auf Instagram eher gesellschaftliche Themen. Politik spielt nur die zweite Geige. Dass der Kanal für Politikthemen aber ungeeignet sei, bestätigt die Instagram-Studie nicht. Laut Analyse sind Politik und Gesellschaft sogar die zugkräftigsten Themenbereiche, zumindest wenn es nach den Likes geht, die sie generieren. Und das gilt nicht nur für die überregionalen Titel, sondern auch für die regionalen.
Das Fazit der Forscher: „Instagram als Plattform – einerseits – der schönen Bilder und – andererseits – der nicht integrierbaren Links macht es den Zeitungen unmöglich, ohne großen Aufwand und automatisiert Artikel zu publizieren. Wer den Kanal aber mit einer durchdachten Bildästhetik und passenden Themen bespielt, kann auf Instagram etablierte und neue Zielgruppen erreichen und so die eigene Marke stärken.“